Grundsatzerklärung

 

(Stand: Januar 2016)

Präambel


Kuhle Wampe (Leerer Bauch oder auch Kühle Bucht) war der Name einer Zeltdorfkolonie am Rande Berlins während der Wirtschaftskrise Anfang der dreißiger Jahre. Wie in dem gleichnamigen Film von Bertold Brecht gezeigt, wurden dort Sport- und Freizeitveranstaltungen, u.a. Motorradrennen, organisiert. In einer Zeit, die geprägt war von Massenarbeitslosigkeit und drohendem Faschismus, zeigte der Film am Beispiel Freizeitsport, dass die Interessen der Bevölkerung nur von ihr selbst und gemeinsam vertreten werden können.
Unsere Clubs haben sich den Namen „Kuhle Wampe“ gegeben, weil die wesentlichen Aussagen des Films heute noch Gültigkeit haben.
Seit 1885, als das erste Motorrad gebaut wurde, übt dieses Fortbewegungsmittel eine starke Faszination auf viele Menschen aus. Schnelligkeit und Beschleunigungsvermögen, die Möglichkeit, auch die entferntesten Orte auf dem Motorrad zu erreichen sowie die Tatsache, dass das Motorrad im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln billig war, verschafften dem Fahrzeug zunehmende Beliebtheit. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde es zu einem Fortbewegungsmittel, das sich auch Leute leisten konnten, denen ein Auto zu teuer war.
Ende der 1960er Jahre schien das Auto dann das Motorrad verdrängt zu haben, doch das Motorradfahren verlor nie völlig seinen Reiz. Denn besonders Jugendliche entdeckten in dieser Zeit das Motorrad als Mittel für Verkehr, Sport und Freizeit wieder. Allerdings wurden Motorradfahrende schnell zu einer gesellschaftlichen Randgruppe erklärt, die mit Gewalttätigen aus dem Rockermilieu und verantwortungslosen Geschwindigkeitsfans in einen Topf geworfen wurden. Wir sind anders!

Solidarität ist unser Motto

Der gesellschaftlichen Wirklichkeit kann niemand entfliehen. Wer meint, sich heraus halten zu können, stärkt nur diejenigen, die eine unmündige Masse brauchen, um ihre Geschäfte betreiben zu können. Die Motorradclubs Kuhle Wampe treten entschlossen gegen solche Entwicklungen ein und setzen eigene Aktivitäten dagegen. Eine zentrale Aussage des Films „Kuhle Wampe“ ist die Aufforderung zum gemeinsamen Handeln. Die Motorradclubs Kuhle Wampe suchen darum den Kontakt zu Menschen und anderen Organisationen. Denn nur durch eine breite Zusammenarbeit der fortschrittlichen Kräfte kann den rechten und unsozialen Tendenzen in unserer Gesellschaft Einhalt geboten und an einer menschlicheren Gesellschaftsform gearbeitet werden.

Kuhle Wampe ist für Menschen, die über den Tacho hinaussehen

Für den Verband der Motorradclubs Kuhle Wampe ist klar, dass Menschen, die Motorrad fahren, nicht nur im Straßenverkehr benachteiligt werden, sondern auch täglich durch eine zunehmend menschenfeindliche und naturverdrängende Politik beeinträchtigt werden. Daraus leitet sich unser politischer Anspruch ab. Unsere Rechte, ob auf der Straße oder im täglichen Leben, können nur durch gemeinsames und solidarisches Handeln durchgesetzt werden.Kuhle Wampe versteht sich als unabhängiger Verband von Motorradclubs in dem alle unbesehen von Geschlecht, sexueller Orientierung, Religion, Nationalität und politischer Anschauung mitarbeiten können, sofern ihr Handeln nicht gegen unsere Grundsätze verstößt.
Um unsere Interessen in der Öffentlichkeit wirkungsvoller vertreten zu können, haben sich die Kuhle Wampe-Clubs zu dem “Verband der Motorradclubs Kuhle Wampe” basisorientiert zusammengeschlossen. Mit der Kuhlen Wampe haben wir uns eine Möglichkeit geschaffen, unsere Freizeit selbstorganisiert, sinnvoll und spaßorientiert nach eigenen Vorstellungen gemeinsam zu verbringen.

“Kuhle Wampe” ist für Motorradfahrende, die ihre Interessen in der Verkehrspolitik vertreten wollen

Wir sind im Straßenverkehr benachteiligt. Beispiele dafür sind motorradspezifische Streckensperrungen und Tempolimits, gefährlicher Straßenbau, unzureichend verfügbare umweltschonende Technik, Ungleichbehandlung durch das Gesetz (z. B. TÜV für Neufahrzeuge und Stufenführerschein.) Diese Probleme betreffen uns alle. Um sich erfolgreich wehren zu können, ist es notwendig, nicht nur „Benzin zu reden“. Wir entwickeln eigene Lösungsmöglichkeiten und Strategien, um diese Ungerechtigkeiten zu beseitigen.
Wir setzen sie im Verband um und bringen sie außerhalb unseres Verbandes in unterschiedlichen nationalen und internationalen Gremien wie z.B. in der FEMA (Federation of European Motorcyclists Association) ein.

Kuhle Wampe ist für Menschen, die ihre Freizeit sinnvoll gestalten

Wir führen Aktionen zu politischen Themen durch, bieten Diskussionsforen und Kulturelles. Bei Sicherheitstrainings, Trial-, Geschicklichkeits- und Orientierungsfahrten, vor allem aber durch die Weitergabe von persönlichen Erfahrungen werden nicht nur junge Menschen mit dem Motorrad vertraut gemacht. Die Mitglieder der Kuhlen Wampe organisieren gemeinsame Fahrten, Treffen, Urlaub, Sport und Spaß für sich und andere.

Kuhle Wampe ist für Menschen, die sich Gedanken um ihre Umwelt machen

Uns ist bewusst, welcher Widerspruch zwischen Individualverkehr und einer vernünftigen, ökologisch orientierten Verhaltensweise besteht. Gerade deswegen darf die Faszination, die die Motorradtechnik auf uns ausübt, uns nicht die Augen verschließen vor den Problemen, die der motorisierte Individualverkehr verursacht. Die Modellpolitik unter der Devise „Immer schneller und immer stärker“ ist nicht in unserem Sinne. Wir wollen Motorräder, die sicher, preisgerecht und so umweltschonend wie technisch möglich sind.
Die Umweltzerstörung hat bedrohliche Formen angenommen. Nicht nur die Großindustrie, sondern auch das Konsumverhalten von uns allen verschwendet Rohstoffe und vergiftet Boden, Luft und Wasser immer mehr. Die Kuhle Wampe als Verband nutzt die Möglichkeiten, durch Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Gremien, u.a. auch der Motorrradindustrie, eigene Vorstellungen von einem umweltschonenden Motorrad einzubringen, zum Beispiel Reduzierung unnötiger Schadstoff- und Geräuschemmissionen und ressourcenschonende Herstellung.

Kuhle Wampe ist gegen Atomenergie und Braunkohleverstromung

Kuhle Wampe arbeitet mit anderen Gruppen für die Abschaffung der zivilen und militärischenNutzung der Atomenergie zusammen. Wir wehren uns gegen Atommülltransporte und unsichere Endlagerung radioaktiven Materials. Außerdem arbeiten wir mit unterschiedlichen Gruppen gegen den Braunkohletagebau zusammen – veraltete Technologien, die Menschen ihr Zuhause nehmen und bekannt sind für ihre Umweltschädlichkeit wollen wir nicht hinnehmen und engagieren uns für den Erhalt der bedrohten Wälder und Dörfer.

Krieg und Faschismus beginnen in den Köpfen der Menschen.

Die Lehre aus einem hemmungslosen Nationalismus und dem Schrecken des Krieges ist im Bewusstsein der Menschen noch präsent. “Nie wieder Krieg!” Doch die Vernunft wird immer öfter von parteipolitischem und wirtschaftlichem Kalkül verdrängt. Durch Wirtschafts-, Banken-, Öl- und Währungskrisen verursachtes Elend und die Flucht vor diesem Elend werden immer offensichtlicher. Viele Menschen fühlen sich hilflos oder sogar in ihrer Existenz bedroht. Wir wissen um den Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Krieg. Doch Andere werden schon wieder mit dieser Angst manipuliert und mit nationalistischen Sprüchen gegeneinander aufgehetzt. Frieden kann nur durch das friedliche Handeln der Menschen erreicht und gesichert werden. Wir verstehen uns als konsequente Antifaschist*innen und wollen mit dafür Sorge tragen, dass weder alte noch neue Nazis die Möglichkeit haben, ihre menschenverachtende Ideologie zu verbreiten oder ihre Ideen in die Tat umzusetzen. Wir stehen für eine linke Politik, für den Frieden und für Völkerverständigung. Unser Engagement richtet sich gegen rechte Politik, Kriegstreiberei und den alltäglichen Rassismus.

Kuhle Wampe ist für Gleichberechtigung

Wir sehen es als eine unserer Aufgaben an, der Benachteiligung von Menschen egal welchen Geschlechts entgegenzutreten. Für viele ist es nach wie vor schwierig, sich in der „Männerdomäne“ Motorradfahren zu behaupten. Wir in der Kuhlen Wampe wollen unsere Sensibilität dafür weiterentwickeln, wann und durch welche Verhaltensweisen Menschen eingeschränkt, diskriminiert und an den Rand gedrängt werden.
Für uns sind alle Menschen in verantwortlichen Positionen eine Selbstverständlichkeit. Um nicht allein bei einem veränderten Bewusstsein stehenzubleiben, sind solidarisches Miteinander und konkrete Unterstützung gefordert. Hierfür gibt es keine Patentrezepte, wir berücksichtigen die individuellen Erfahrungen und Bedürfnisse der einzelnen Menschen.

Kuhle Wampe – Solidarität ist unser Motto

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